Sonntag, 27. August 2017

Von Reis mit Fisch, Angkot-Fahrten und Krankenhäusern

Die ersten Tage nach unserer Ankunft waren sehr entspannt; unser Gepäck kam mit zwei Tagen Verspätung dann auch endlich an und wir bekamen viel Zeit, um uns auszuruhen und uns an alles was neu und fremd ist, ein bisschen zu gewöhnen. Das wäre zum Beispiel das Essen (morgens, mittags und abends Reis mit Fisch), die Zeitverschiebung und das immer ziemlich warme und schwüle Klima. Aber da alle immer total nett und herzlich zu uns sind, fiel uns das Eingewöhnen gar nicht so schwer.
Vormittags hatten wir oft kleinere Indonesisch-Einheiten, um die Sprache etwas besser zu lernen. Die Grammatik mag ja noch so einfach sein, aber ohne die passenden Vokabeln klappt das mit dem Indonesisch reden halt einfach nicht! Daher waren diese Lerneinheiten echt wichtig und hilfreich für uns, auch wenn mir danach immer alle möglichen Wörter kreuz und quer im Kopf rumgeschwirrt sind.

Am Sonntag durften wir dann alle zusammen einen Ausflug zum Toba-See machen. Dort ist es zwar etwas touristischer, was mich in der Ankommen-Phase wieder etwas durcheinander gebracht hat, aber dafür echt wunderschön. Mit einem kleinen Schiff sind wir zu einem Ort an der anderen Seite des Ufers gefahren, wo wir dann erstmal ins Wasser gesprungen sind und ausgiebig gebadet haben. Da es an dem Tag echt heiß war, haben wir das angenehm kühle Wasser sehr genossen.

Zum Mittagessen haben die indonesischen Schwestern für uns extra etwas schönes organisiert bzw. reserviert, wo wir gemütlich auf der Terrasse sitzen und den Reis mit Fisch essen konnten. Da diesmal allerdings alle anderen ausschließlich mit der Hand gegessen haben, wollten wir das natürlich auch tun – mit einem mäßig erfolgreichen Ergebnis. Den Fisch mit der Hand zu zerlegen und zu essen, fand ich schon schwierig genug, aber da währenddessen noch die ganze Zeit meine Nase lief und ich Schweißausbrüche hatte, weil die Soße zum Reis so scharf war, war ich mit der Gesamtsituation doch ein wenig überfordert. Aber nur ein kleines bisschen.

Am Montag sind wir dann das erste Mal nach Siantar in die Stadt rein gefahren, um Geld abzuheben und indonesische SIM-Karten für unsere Handys zu kaufen. Bei der Gelegenheit hat uns die indonesische Schwester auch gleich den Markt in Siantar gezeigt, der echt riesig, unübersichtlich und auf mehrere Stockwerke verteilt ist. Kleiner Tipp am Rande: unten nie zu nah am Rand entlang laufen – es könnten unerwartet Essensreste auf einen herab fallen (die arme Fabia hat den Schock ihres Lebens erlitten)!

Die darauffolgenden Tage haben wir genutzt, um uns alle Einsatzstellen anzuschauen, die hier in der Nähe sind. Zuerst haben wir uns das Rehabilitationszentrum „Harapan Jaya“ angeguckt, in das dieses Jahr leider keine Freiwilligen gehen. Am Tag drauf haben wir das Kinderheim „Panti Pius“ besucht, in dem Sonja ihr Jahr verbringen und arbeiten wird und am Donnerstag waren wir dann im Krankenhaus „Harapan“, welches die Einsatzstelle von Fabia sein wird.
Die Besuche liefen alle relativ ähnlich ab: Wir sind mit dem „Angkot“, das ist ein öffentlicher Mini-Bus, in die verschiedenen Projekte gefahren. Diese Angkots haben zwar ihre feste Route, Fahrpläne gibt es allerdings nicht. Man stellt sich einfach an den Straßenrand, wartet bis ein Angkot vorbeifährt und winkt ihn dann zu sich. Will man aussteigen, ruft man das dem Fahrer kurz zu und bezahlt einen niedrigen Festpreis. Da die Türen sowieso die ganze Zeit offen bleiben, kann man schnell aus- und einsteigen.
In den verschiedenen Einsatzstellen haben wir immer erst einmal Kuchen und Saft bekommen, dann wurden wir herumgeführt und konnten uns alles in Ruhe anschauen. Danach ging es wieder mit dem Angkot zurück, was meist auch problemlos klappte.

Da sich mein Körper leider doch nicht so schnell an das fremde Essen und das Klima anpassen wollte, ging es mir am Freitagabend dann allerdings zunehmend schlechter. Zum allgemeinen Bauchweh, das auch Fabia und Doreen plagte, kamen bei mir irgendwann auch noch Übelkeit, Fieber und Schwindel dazu. Ich versicherte den Schwestern immer wieder, dass ich keinen Arzt bräuchte, weil ich in diesem Moment eigentlich nur nach Hause wollte und sicher nicht in ein indonesisches Krankenhaus.
Aber als mein Kreislauf dann auch nicht mehr so recht wollte und meine Hände und Beine angefangen haben zu kribbeln, bis hin zu dem Punkt, an dem ich meine Daumen nicht mehr richtig bewegen konnte, stimmte ich dem Krankenhaus widerwillig zu. Denn wenn man so viele verantwortungsbewussten Menschen um sich hat, die sich Sorgen um einen machen, kann man sich letztendlich sowieso nicht vor einem Krankenhausbesuch drücken (falls Sie das lesen, Herr Hendel: ich hoffe Sie fühlen sich an dieser Stelle auch ein kleines bisschen angesprochen!).
Es war noch nicht ganz Mitternacht, als wir endlich im Krankenhaus ankamen. Doreen war zum Glück mit mir mitgekommen und kümmerte sich wo es nur ging um mich, wofür ich ihr unglaublich dankbar bin. Ich weiß echt nicht, was ich in dem Moment ohne sie gemacht hätte.
Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass ich höchstens eine Nacht im Krankenhaus bleiben muss, tatsächlich aber wollten sie mich noch etwas länger im Krankenhaus behalten, sodass ich erst heute Nachmittag wieder entlassen wurde. Während ich dort war, bekam ich ununterbrochen Infusionen, einige Medikamente, aber jetzt geht es mir dafür auch wieder richtig gut!

So können Doreen und ich morgen Vormittag endlich aufbrechen und uns auf den Weg nach Nias in unser Projekt machen. Wir sind beide schon ziemlich gespannt, was uns dort genau erwartet und freuen uns, übermorgen Vormittag dann endlich auf Nias zu stehen und die vielen Menschen zu treffen, mit denen wir unser Jahr verbringen dürfen.

Donnerstag, 17. August 2017

Von fehlendem Gepäck, Duschen ohne Dusche und "Merdeka!"

Als ich vorgestern im Zug zum Frankfurter Flughafen saß, wusste ich noch nicht so recht, was mich hier in Indonesien genau erwarten würde. Natürlich habe ich mir schon viele Gedanken darüber gemacht und eine super Vorbereitung gehabt, dennoch war das alles noch nicht so richtig vorstellbar, einfach noch so weit weg.
Erst im Flugzeug, habe ich dann so langsam mal realisiert, dass ich jetzt wirklich ein Jahr lang weg sein werde. Einfach so. Raus aus Deutschland und auch raus aus der Komfortzone, bedeutet das. Der Flug war lang und anstrengend und da ich nicht gerne fliege war er für mich auch sehr nervenaufreibend. Die Zeit im Flugzeug zog sich dahin, ich hatte das Gefühl, sie würde nie vergehen.

Gestern um 21 Uhr (Ortszeit) kamen wir dann endlich in Medan, das ist eine Stadt auf Sumatra, an. Unsere Koffer allerdings nicht. Meine Mitfreiwillige Doreen ist die einzige, die ihr Gepäck bekommen hat, das von Fabia, Sonja und mir ist in Singapur hängen geblieben. Aber eine nette Mitarbeiterin am Flughafen meinte, wir würden unsere Koffer morgen nachgeliefert bekommen, sie kümmere sich darum. So ging es für uns dann erstmal ohne Gepäck weiter. Die erste Woche (oder 5 Tage? Oder 10 Tage? Das weiß keiner so genau!) sind wir noch zu viert auf unserem Einführungsseminar hier auf Sumatra, irgendwo bei der Stadt Siantar.
Am Flughafen in Medan wurden wir von zwei Indonesischen Schwestern abgeholt, die uns einen Minibus samt Fahrer organisiert hatten, mit dem wir dann alle zusammen noch drei Stunden bis Siantar gefahren sind. Da es hier im Straßenverkehr nicht viele (für mich erkennbaren) Verkehrsregeln gibt, war die Fahrt sehr abenteuerlich. Der Job des Fahrers war es eigentlich, die langsameren Autos und die vielen Motorräder zu überholen und gleichzeitig den entgegenkommenden Fahrzeugen und den vielen Schlaglöchern auszuweichen. Und dabei lief dann noch indonesische Musik im Auto. War witzig.
Die erste Stunde in dem Minibus hatte ich etwas Angst um mein Leben, die zweite Stunde war ich nur noch angespannt und ab der dritten Stunde habe ich dem Fahrer einfach vertraut und war heilfroh, dass uns Freiwilligen verboten wurde, selbst in Indonesien Auto zu fahren.

Todmüde kamen wir schließlich in Siantar an, wo uns dann erst mal ganz stolz ein extra für uns gebackener Kuchen präsentiert wurde. Wir wollten nicht unhöflich sein, also saßen wir da, um ein Uhr nachts und haben mit einer indonesischen Schwester Kuchen gegessen. Danach ging es dann aber endlich in das lang ersehnte Bett.

Heute, am 17. August, ist in Indonesien ein großer Feiertag, an dem die Unabhängigkeit Indonesiens gefeiert wird. Daher war hier schon früh morgens viel los und noch als wir im Bett lagen, konnten wir durch das Fenster draußen viele Leute die Nationalhymne singen hören. Aber bevor wir uns zu den fröhlich feiernden Menschen gesellten, wollten wir erst mal duschen. Was in Indonesien allerdings eine etwas andere Bedeutung hat als in Deutschland. Unter "duschen" versteht man hier, sich neben den Abfluss im Badezimmer zu stellen und sich mit einer Schöpfkelle das aufgefangene Regenwasser über den Kopf zu kippen. Diese Variante ist immerhin wassersparend und erfüllt schließlich auch den  Zweck einer Dusche. 
Doreens und mein Badezimmer
Nach dem Frühstück sind wir dann zu der Unabhängigkeits-Feier gegangen, bei der verschiedene Gruppen in Spielen gegeneinander angetreten sind. Außerdem wurde viel gesungen und getanzt, bei jeder Gelegenheit wurde laut "Merdeka!" (deutsch: "Freiheit!") gerufen und alle hatten sichtlich Spaß.

Ich bin schon sehr gespannt auf die nächsten Tage hier und werde bestimmt bald wieder was zu berichten haben.